Bedürfnisorientiert

Ich möchte heute über den Stand der Zettelakademie berichten.  Bis jetzt existiert sie immer noch mehr als Idee, denn als greifbarem Gegenstand. Die Entwicklung meiner Projekte kommt - wie es wahrscheinlich jede*r kennt - eigentlich nie wie gedacht. Ich habe mir vorgestellt regelmäßige Blogeinträge zu schreiben. Ich wartete für den zweiten Eintrag auf den ersten Schritt zur materiellen Entwicklung der konkreten Zetteltasche. Bis heute kam ich nicht so weit.

 

Es stellt sich heraus, dass die Zettelakademie einerseits eine andere Art der Vorbereitung braucht als gedacht und andererseits das Projekt "Blog" mehr Struktur braucht, um regelmäßig Einträge veröffentlichen zu können. Meine Arbeitsweise basierte über die letzten Jahre stark darauf, die Dinge dann entstehen zu lassen, wenn sie sich wie von selbst ergeben. Ich bin eine großer Gegnerin von Deadlines und liebe es, mir den Luxus zu gönnen, Ergebnisse entstehen zu lassen. Ich warte für gewöhnlich darauf, dass mich irgendetwas packt. Dass irgendein Zufall eine Neugierde und Leidenschaft entfacht, mich einer Sache/einem Thema/einem Buch zu widmen. Dabei entsteht vor allem eine große Liebe zur Sache, aber die Kommunikation meiner Arbeit bleibt wirr und undurchsichtig. Zumindest kommt es mir so vor.

 

Mit der Zettelakademie hat sich eine Projektidee entwickelt, die mehr Struktur zu brauchen scheint (während sie das Thema Struktur und Ordnung auch behandelt). Ich möchte die verschiedenen Aspekte der Idee kommunizieren um Anknüpfungspunkte zu schaffen. Ich glaube, dass die Zettelakademie ein autonomes Bildungswerkzeug sein kann, das an jeder Stelle wirksam werden kann, wo Struktur gebraucht wird. Damit meine ich in Schulbildung, an Universitäten, in künstlerischer Arbeit und generell selbstständiger Arbeit, im privaten Bereich, beim Schreiben, beim Komponieren, bei Projektplanung usw.

 

AHA!

Eigentlich bräuchte ich schon eine Zetteltasche, um meine Zettelakademie zu strukturieren!

Blöd!

Da scheint sich die Katze in den Schwanz zu beißen, da ich offensichtlich nicht in die Herstellung kommen kann, wenn ich mir nicht vergegenwärtige, welche Anforderungen die Tasche zu erfüllen hat (und diese Anforderungen bestehen in weit verzweigten Zusammenhängen!). Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht schon einige Taschen, die ich dafür heranziehen könnte, aber ich gebe mich lieber dem Provisorium hin. Oft sind zusammengestückelte Lösungen aus dem, was man zur Hand hat, die praktischeren als die durchdesignten Lösungen. Und außerdem kann sich so alles frei entwickeln, neu entstehen und sich dem Leben und seinen Bedürfnissen besser anpassen.

 

Es ergibt sich ein Anfang!

Ich habe einem Notenständer meine Vorsätze einer täglichen und wöchentlichen Routine angeheftet, die mir eine rituelle Arbeitsstruktur ermöglichen soll, in der die Dinge entstehen können. Auf diese Idee bin ich nicht allein gekommen. Letzte Woche nahm ich mal wieder ein Coaching bei Anna Kromer (Ich kann sie sehr empfehlen! urlebendig.at) in Anspruch, um mehr Klarheit in meine Arbeit zu bringen. Der nie enden wollende Lockdown hat einiges verschwimmen lassen, was ich wieder greifbar machen wollte. Eine zeitliche Struktur ist ein Teil von diesem Versuch.

 

Auf dem Notenständer hat sich auch mein Kalender wieder gefunden. Er ist hinfällig geworden, da ich auf einen digitalen Kalender umgestiegen bin, nachdem ich jetzt einen neuen Laptop mit einem digitalen Stift habe. Ich liebe diese neuen Werkzeuge! Den analogen Kalender habe ich also zu einem Logbuch umfunktioniert, in das ich eintragen kann, was sich in der Sache Zettelakademie tut. Ein Projektlogbuch.

 

Und dann befestigte ich an diesem Notenständer mit Klammern alle möglichen Notizen, die ich im Zusammenhang mit dem Blogthema gesammelt habe. Es sind auch zwei Zeitungsartikel dort gelandet, die schon lange herumliegen, weil ich sie für die Zettelakademie aufheben wollte. Jetzt haben sie einen Ort gefunden, an den sie gehören. Es sind da jetzt einige Notizzettel, Karten und Zeitungsartikel über Gegenwartsarcheologie, den Einfluss von Wohlstand auf Bildung und den ausdehnbaren Grenzen von Worten. Ich habe mich jedoch dazu entschieden, in diesem Eintrag, den du gerade ließt, den Status Quo zu beschreiben, anstatt spezielle Themen anzuschneiden.

 

In einer Tasche, die aus Platzmangel mit einer Schnur am Notenständer befestigt ist, sind die Notizen des Coachings hinzugefügt. Ich dachte, es wäre gut, immer darauf zugreifen zu können. Auf den Notizkarten in der Tasche steht neben der Idee über die zeitliche Struktur auch, dass ich eine Struktur aufbauen kann, die sich nach meinen Bedürfnissen richtet. Ich setze mich mit meinen Vorsätzen oft selbst unter Druck und gerate dann in einen Stillstand. Die Struktur der Zettelakademie genauso wie die Struktur rund um die Blogeinträge sollen diesem bedürfnisorientierten Ansatz gewidmet sein. Eigentlich hätte ich laut meiner geplanten Zeit-Struktur ja gestern einen Blogeintrag schreiben sollen, aber das hat sich jetzt schon als unpraktisch erwiesen. Der neue Ansatz hilft mir, mich nicht darüber zu ärgern, wenn ich meinen eigenen, meistens erst im Nachhinein offensichtlich unrealistischen Ansprüchen nicht entspreche. Die Struktur soll mit dem Bewusstsein über meine Bedürfnisse der Sache gegenüber mitwachsen und sich dementsprechend verändern.

 

Mir wird bewusst, dass ich (wie so oft) mit einer Sache über die Sache selbst nachdenke. Also mit einem Gegenstand, der für Strukturierung da sein soll, Strukturierung reflektieren möchte. Bei so vielen Metaebenen wird mir manchmal ganz taumelnd zu mute.

 

Bei der Entwicklung der konkreten Zettelakademie-Tasche geht es mehr um handwerkliche Dinge. Ich möchte erstmal eine Laptoptasche für meinen Bruder entwickeln, weil ich versprochen habe ihm eine zu machen und will diese Möglichkeit nutzen, um mir technische Fertigkeit anzueignen. Meine aufmerksame Freundin Hanna Hollmann hat mir einen gebrauchten Seidenspannrahmen besorgt, mit dem ich Stoff bemalen kann, als würde es sich um ein Bild handeln. Es gibt schon einige Experimente damit, über die ich in einem andern Eintrag berichten möchte.

 

Spannend!

Beim Schreiben wird mir klar, dass eigentlich schon viel mehr Material für Blogeinträge vorhanden ist, als mir bewusst war!

 

Mehr über die Zettelakademie HIER.

Notenständerprovisorium, (c) Lilian B. Wieser
Notenständerprovisorium, (c) Lilian B. Wieser

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